Verein zur Erhaltung von
Baudenkmalen in Wrisbergholzen

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Der Schlosspark Wrisbergholzen

Ebenfalls Teil der Gesamtanlage ist der vom Schlossbereich bis zur unteren Mühle reichende Landschaftspark, eine Erweiterung der ursprünglich erheblich kleineren barocken Anlage. Die Umgestaltung erfolgte über mehrere Jahrzehnte hinweg, beginnend etwa im Ausgang des 18. Jh. bis in die 60er Jahre des 19. Jh. Der heutige Zustand des Parkes muss letztlich zurückgeführt werden auf eine Gestaltung des ausgehenden 19. Jh., in die die älteren Gestaltelemente des Landschaftsparkes mit einbezogen und übernommen wurden. Als Baulichkeiten innerhalb des Parks sind besonders erwähnenswert die beiden Teiche, die Anlage eines Wasserfalls mit Grotte, ein auf einem Hügel gelegener Teetempel, die Eingangsportale zum Park und die gräfliche Gruft. In Verbindung zu Park und Schloss steht auch die um 1860 errichtete Orangerie, nördlich des Wassergrabens gegenüber der Fayencemanufaktur gelegen. Es handelt sich um einen kleinen, über quadratischem Grundriss errichteten Bau mit einer nach Süden ausgerichteten Schaufassade in neogotischen Formen. Ursprünglich befanden sich jeweils an der West- und Ostseite Anbauten von Glashäusern, die heute leider nur noch in Resten erkennbar sind. 

Entstehung und Geschichte

Die Entstehung und Entwicklung des Schlossparks ist bisher noch nicht eingehend erforscht worden, sodass lediglich einige durch Pläne und Abbildungen belegbare Grundaussagen zur Geschichte dieser bedeutenden Gartenanlage möglich sind. Vermutlich wurde bereits beim Bau des heutigen Schlosses oder kurz nach dessen Fertigstellung an der Ostseite ein Garten konzipiert, der entsprechend der Formsprache des Barock einen geometrischen Grundriss und die typische Gliederung in eine schlossnahe Parterre-(Beet-) Zone und ein daran anschließendes Hecken bzw. Baumquartier (Boskett) besitzt. Ein Plan der Gesamtanlage aus dem Jahr 1741 zeigt diesen ersten Garten, über dessen beabsichtigte Ausgestaltung nichts bekannt ist.

Plan 1741
Plan 1741

Ob der Plan tatsächlich umgesetzt wurde, ist fraglich. Da die ausgeführten Gebäude nicht ganz mit den verzeichneten Bauten übereinstimmen und der vorhandene Bestand keine Elemente enthält, die sich mit der Darstellung in Verbindung bringen lassen, dürfte es sich wahrscheinlich um einen Entwurfs- bzw. Idealplan handeln, der nicht oder nur in Ansätzen ausgeführt wurde.

Plan 1779

Ein späterer Plan ist mit der Jahreszahl 1779 datiert und als „GRUNDRISS von dem SCHLOSS=GARTEN, Küchengarten, neuen getauschten Plätze und den beiden Teichen, nebst der Wiese und den übrigen Gärten, so daselbst befindlich…“ betitelt. Vermutlich handelt es sich um einen Bestandsplan, der bereits den Übergang von Barock- zum Englischen Landschaftsgarten dokumentiert. An der Ostseite des Schlosses befindet sich ein längsrechteckiger, in geometrischen Formen gestalteter Garten, der durch ein orthogonales Wegesystem in sechzehn gleichgroße, ebenfalls rechteckige Beetflächen unterteilt wird. Die Hauptwege sind durch größere Breite und begleitende Rasenstreifen hervorgehoben. Der Längsweg ist in östlicher Richtung über das Areal des Gartens hinaus verlängert, so dass er eine Aussicht von der Schlosstreppe über die Anlage in die freie Landschaft ermöglicht wird. Obwohl über die Ausstattung des Gartens außer den im Plan enthaltenen Details nichts bekannt ist, ist anzunehmen, dass es sich in erster Linie um einen Nutzgarten gehandelt hat, der durch Blumenrabatten, Rasenstücke, kleine Lauben und vielleicht auch Wasserbecken aufgeschmückt war.

Im Osten ist an den geometrischen Barockgarten eine landschaftliche Partie angefügt, die eine im Sinne der veränderten Gestaltungsabsichten deutlich andere Formsprache zeigt: Die regelmäßigen Strukturen werden nicht fortgeführt, sondern durch freiere, dem Vorbild der Natur nachempfundene Elemente aufgelöst. Zu erkennen sind ein bachähnlicher Wasserlauf mit einer Brücke, ein Aussichtshügel, einzelne Baumgruppen und hainartige Bestände und Wege, die Trampelpfaden ähneln. Zu diesem Zeitpunkt entspricht das gestaltete Areal etwa einem Drittel der heutigen Anlage.

Ein ca. 1820 entstandener Plan, der die Manufaktur mit dem Hinweis „Fabriek Garten“ enthält, dokumentiert die weitere Entwicklung: Der Garten ist nach Osten erweitert worden, wobei ein ehemaliger Mühlenteich in den Park mit einbezogen wurde. Die geometrische Partie ist vollständig beseitigt und landschaftlich überformt worden. Das Parterre wurde durch eine große Wiese ersetzt, die von dichten Gehölzbeständen mit zahlreichen Wegen umgeben ist. Nähere Einzelheiten sind dem Plan nicht zu entnehmen; allerdings wurde in dieser Zeit vermutlich der bis heute erhaltene hölzerne Tempel auf einem Aussichtshügel errichtet.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhält der Park seine endgültige Größe und wird teilweise umgestaltet, beispielsweise wird um 1860 ein Grabmonument errichtet. Bemerkenswert ist ein Plan des Lenné-Schülers und späteren Berliner Gartendirektors Gustav Meyer aus dem Jahr 1864. Er zeigt eine Neuplanung für die Umgebung des Schlosses.

In der Zeit nach 1900 wechseln Vernachlässigungsphasen mit solchen der  intensiveren Pflege ab, wodurch das Erscheinungsbild der Anlage mehr oder  weniger verändert wird. Grundlegende Neugestaltungen sind jedoch nicht bekannt.

In der Nachkriegszeit waren die Eigentümer bestrebt, den Park wieder herzurichten und die Umgebung des Schlosses durch neue Zierpflanzungen aufzuschmücken. Wichtige Arbeiten, wie die Beseitigung von Gehölzaufwuchs, unterblieben jedoch, so dass der Park zunehmend verwaldete. Da trotzdem keine grundlegenden Neugestaltungen vorgenommen wurden, ist der Park in seinen Grundstrukturen des 19. Jahrhunderts bis heute erhalten. Er gehört zu den bedeutendsten historischen Gärten Niedersachsens.1984 wurde der Park unter Naturschutz gestellt in der Hoffnung, dadurch weitere  Zerstörungen und Verwilderung zu verhindern, jedoch erst seit 1993 gelingt es durch das Engagement des Vereins zur Erhaltung von Baudenkmalen in Wrisbergholzen, schrittweise den Zustand zu verbessern.

(Text: Dr. Jens Beck)

Überlegungen zur denkmalgerechten Pflege

Der Schlosspark in Wrisbergholzen wurde seit ca. 1980 nicht mehr gepflegt, einige Teile waren sogar schon mehr als 20 Jahre länger vernachlässigt worden. Der Prozess der Verwilderung ist bereits so weit fortgeschritten, dass einige Bereiche nicht mehr betreten werden können. Die ehemals vorhandene Substanz und Ausstattung der unter Denkmalschutz stehenden Anlage ist mittlerweile auf die Grundstrukturen und die langlebigsten Gehölze reduziert. Schmuckelemente wie Beete, Figuren o. ä. sind bis auf einige Reste verschwunden. Dennoch vermittelt der Park eine recht gute Vorstellung von der landschaftlichen Gestaltung des 19. Jahrhunderts. Sein Alterswert ist durch die zahlreichen Gehölze, die zu beeindruckender Größe herangewachsen sind, sehr hoch; außerdem ist der Park über die Grenzen Niedersachsens hinaus von großer kunstgeschichtlicher Bedeutung, die auf der Größe der Anlage (ca. 9 ha), den erhaltenen Spuren des Barockgartens, der künstlerischen Qualität der landschaftlichen Gestaltung und dem zumindest teilweise umgesetzten Plan von Gustav Meyer beruht.

1996 wurde als Studienarbeit an der Universität Hannover ein Pflegekonzept erarbeitet, das als Grundlage dienen kann, um den weiteren Verfall der Anlage aufzuhalten und die entstandenen Schäden zu beseitigen, wurde. Im Gegensatz zu den Parkpflegewerken, die in Anlehnung an die von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur herausgegebenen Leitlinien entstanden sind, ist

in der Studienarbeit versucht worden, ein streng an der Bewahrung des vorgefundenen Bestands orientiertes Konservierungskonzept zu entwickelt, das den in der „Internationalen Charta über die Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles (Denkmalbereichen)“ (nach dem Ort ihrer Veröffentlichung 1964 auch „Charta von Venedig“ genannt) denkmalpflegerischen Grundsätzen verpflichtet ist. Die dort postulierten Regeln schienen den Autoren wesentlich enger dem Auftrag der Denkmalpflege verpflichtet, historisches Kulturgut zu bewahren, als die bereits erwähnten Leitlinien für Parkpflegewerke oder die „Charta der historischen Gärten“ (hrsg. Von ICOMOS – IFLA 1981 in Florenz).

Daher wurde als Grundlage für das Wrisbergholzer Pflegekonzept nicht ein auf historischem Quellenmaterial beruhendes Leitbild entwickelt, auf dessen Verwirklichung die Pflegemaßnahmen abzielen, sondern eine ausführliche Betrachtung und Analyse des vorhandenen Bestands durchgeführt mit dem Ziel, Schäden und die durch Vernachlässigung bewirkten Veränderungen zu erkennen. Im Falle der Gehölze wurde beispielsweise versucht, die gepflanzten, in gestalterischer Absicht eingebrachten Bäume von jenen zu unterscheiden, die durch Eigenverbreitung aufgewachsen sind. Es wurde dabei keine qualitative Unterscheidung getroffen in Gehölze, die eine besondere gestalterische, vermeintlich künstlerisch wertvolle Stellung besitzen und solche, die möglicherweise nur aus einer Laune heraus ohne größere Absicht eingebracht wurden. Wertungen dieser Art sollten bewusst nicht erfolgen und waren schon durch das ebenfalls bewusst ausgelassene Quellenstudium unmöglich. Vielmehr war die Absicht, die eindeutig „nicht absichtlich gepflanzten“ Gehölze zu identifizieren und sie, wenn von ihnen eine Beeinträchtigung anderer Gehölze oder einer erkennbaren Gestaltung (Aussichten o. ä.) ausgeht, zu entnehmen. Durch dieses Vorgehen sollen die weitgehende Schonung der Substanz gewährleistet und gleichzeitig die Veränderungen des Denkmals möglichst gering gehalten werden.

Um die eindeutig gepflanzten Gehölze innerhalb des Bestands ausfindig zu machen, wurden verschiedene Kriterien aufgestellt („Exot“, am Standort keine Eigenverbreitung der Gattung erkennbar; gärtnerisch behandelter Baum mit  Veredelungen, Schnitten etc.; „alter“ Baum, vor der letzten Vernachlässigungsphase gepflanzt oder belassen; andere Kennzeichen wie Habitus o.ä.). Bei Bäumen, deren Zuordnung nicht eindeutig möglich war, wurde meist gegen die Fällung entschieden, um nicht historische Substanz, die als solche nicht erkennbar ist, zu vernichten.

SchlossPark-Gesellschaft
Schlosspark-Gesellschaft 1810

Bei den anderen Elementen der Anlage (Wege, Wasserläufe u. a.) wurde entsprechend verfahren. Am Ende stand ein umfangreicher Katalog von einzelnen Maßnahmen, mit deren Hilfe der Park in seiner jetzigen Gestalt, soweit dies bei Gartendenkmalen möglich ist, erhalten bleibt. Gegenwärtig werden die Wege schrittweise freigelegt, die Schlosswiese regelmäßig gemäht und in jeder Wintersaison ca. 30 Bäume gefällt. Zur Durchführung der Maßnahmen stehen außer der Arbeitskraft der Vereinsmitglieder jedoch keine Mittel zur Verfügung, sodass die Zukunft der Anlage noch ungewiss bleibt.

Text: Dr. Jens Beck